Teenage Dunkelzone

2020
glasierte Keramik, unglasierte Keramik, Natriumdampf-Niederdruck-Lampe, Spiegelfolie, Videoloop (5:20 min)

Wir warten. Draußen verstummen die Rasenmäher irgendwann. Die Sprenkler schwingen aus. Gardenaschläuche tropfen die letzten Tropfen. Auf den Lehnen der Gartenstühle sammelt sich Tau. Draußen auf der Straße, hinter sorgsam geputzten Scheiben, wird es Abend, wird es Nacht. Unter den Straßenlaternen werfen die Doppelhausreihen Schattenkanten, die sich für die nächsten Stunden nicht verändern werden. Wir warten. Sitzen herum, Gesichter im kalten Licht von Handybildschirmen. Ich wende mich ab, schaue hinaus. Unter der Laterne führt jemand seinen Hund aus, etwas huscht zwischen den Autos hervor.

Du hast schlechte Laune. In der Innentasche deiner Jacke steckt dein Schlagstock, den du liebevoll Toti nennst. Wir fragen dich was das soll, was du dir denkst das Ding mitzubringen, du wüsstest doch wie der Abend wieder enden wird. Später gibt es Streit, Stress, Polizei. Blickkontakt durch die Hektik. Du greifst in deine Jacke, holst etwas heraus und lässt es zu Boden fallen. Ich mache zwei, drei Schritte und stecke es unauffällig ein. Der eingefahrene Schlagstock liegt schwer in meiner Tasche, während ich verschwinde.

Ich sehe die Laterne und denke an mein Kinderzimmer. An den fluoreszierenden Mond, der an der Steckdose neben der angelehnten Tür glomm. Draußen im Lichtkegel wimmeln Motten und Nachtfalter. Ich denke: Die Stadt spendiert ihren Bürger*innen ein Nachtlicht. Sie verzögert ihnen die Dunkelheit. Und vielleicht ist es so: Wenn die Dunkelheit dann kommt, ist sie stärker als davor. Im Schatten der Laternen baut sich ein Nachtdruck auf, der ungehindert hineinbricht, wenn die Lampen erlöschen. In dieser zweiten, tieferen, Nacht interessiert die Stadt sich nicht für uns. Sie verschließt ihre Augen, denn unsere sollten es auch sein. Jetzt kommen wir heraus. Die Welt um uns ist eine andere und wir sind ihre Geister und Schemen.

- Text: Markus Thielemann & Gregor Kieseritzky
Teenage Dunkelzone war eine ortsspezifische Installation in einem leerstehenden Geschäft in der Innenstadt von Nienburg/Weser, der Stadt in der ich aufgewachsen bin. Ein Remix der Arbeit, mit Fragmenten der Installation und dem Video war Teil der Ausstellung I'm not always where my Body is im Kunstverein Braunschweig